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Leseprobe aus dem Inhalt
Vorwort von Uwe Hübner So schlecht ist er gar nicht, der deutsche Schlager
Ein Vorwort soll ich für dieses Buch schreiben - hat man mich gebeten. - Oh je, wo damit anfangen? Es gäbe so viel zu sagen. Ich fühle mich
wie in alten Schulzeiten: Überlege und überlege, suche verzweifelt nach dem richtigen Anfang, zögere - und verschiebe. Immer und immer wieder. Eine gute Freundin spöttelt: "Dann schreib´ halt ein Nachwort!"
Und sofort bin ich hellwach, habe mein Thema. Denn ein Nachwort hat der deutsche Schlager nicht verdient. Nein. Nicht in diesen Zeiten. Und überhaupt: Tot war er nie. Vielleicht hat man versucht, ihn tot zu machen.
Tot zu schreiben. Oder tot zu schweigen. Wenn ich an die vielen Artikel denke, die ich gelesen (und mich darüber geärgert) habe, an die vielen Damen und Herren der schreibenden Zunft, die "diese Art von Musik"
immer wieder auf die Schippe genommen haben, sie über die Klinge springen ließen oder sich gar irgendeinen Blödsinn aus der Rippe schnitten, nur um mit dreister Allwissenheit über "den Niedergang der deutschen
Kultur" zu philosophieren und sich nicht selten durch gnadenlose Unkenntnis der Szene selbst zu disqualifizieren. Am Anfang meiner Fernseh-Zeit war ich auch kein Fan dieses Genres, aber irgendwie habe ich mich dann
doch ganz gerne zum "Retter" einer Sendung aufgerafft, die unverdient niedergemacht wurde. Und was war es zunächst ein Kampf gegen Windmühlen. Don Quichotte hätte seine helle Freude an mir gehabt. Weil ich
es auch nicht besser kann - als Einzelkämpfer. Also mußte ein erneuertes Team her. Das alte wurde entstaubt und zum Teil ausgewechselt. Es wurde Bestandsaufnahme gemacht und nachgedacht. Das Ergebnis dieses Überblicks
war erschreckend: Das Bild dieses Genres war schlecht, ist schlecht... - und - wird es wohl immer schlecht bleiben? Zu groß die Altlasten, zu eingefahren das System, zu verkrustet der Klüngel (zwischen vielen
Redakteuren und Kreativen), zu tief die "Sorgen"-Falten bei den noch echt Motivierten. Also mußte eine Taktik her: Mit neuen Ideen und Tricks zu arbeiten. Und immer wieder sich und allen anderen einhämmern:
"Der deutsche Schlager ist gar nicht so schlecht!" Vielleicht liegt´s an meinem Sternzeichen, dem ungestümen Widder: "Ich will, daß das Feuer an allen Ecken und Enden lodert. Am Anfang nur angeeckt mit
diesem Motto, gelang es dem Moderator dann doch, daß jeder in seinem eigenen Garten zündelte: Wir mit unserer "ZDF Hitparade" bei den Hard-Core-Fans der Szene, die 60er und 70er in Festzelten, Wolfgang Petry
und Co. in den Diskotheken, "uns" Guildo Horn dann glücklicherweise sogar bei (zwischen) den Widersachern und den die Szene stets eher Verhöhnenden. Dann kam auch noch die große Einheit durch den
"Deutschen Hitmix" - und am Ende loderte es allüberall (auf den Tannenspitzen und viele sahen es am Horizont wieder blitzen). Plötzlich schrieb da einer: "Und er ist doch nicht so schlecht, der deutsche
Schlager!" Heute wird - von links und rechts, von unten wie oben - ganz anders über den deutschen Schlager geschrieben (und berichtet). Zwar oft noch kritisch, aber immer mehr der Sache gerecht. Man (an-)
erkennt, daß da viele - und manche sogar gemeinsam - etwas gewollt und getan haben und es noch mehr wollen und tun werden. Daß wir, eine neue Generation, uns bemühen, mit dem, was die Alten sungen, einen neuen
jung(geblieben)en Spaß zu haben. Um endlich ´mal andere Wege zu gehen. Uns dabei nicht der eigenen Sprache schämen. Und einfach nur das zu tun, was angesagt ist und was er letztendlich will, dieser Schlager von heute:
Etwas Freude haben am-Party-Machen, abfeiern, uns ablenken vom grauen Einerlei. Das ewige Gerede von "der Flucht in die Heile-Welt" kann ich zwar gar nicht ab, aber ab und zu stimmt´s halt doch. Da gibt es so
viele Menschen, die sprechen keine andere Sprache. Oder besser gesagt: Sie sprechen genau unsere Sprache. Sie hören genau hin, was sich da die Texter einfallen lassen. Und sie wollen verstehen, was die Sänger von sich
geben. Da muß nicht mehr "Herz auf Schmerz" oder "Wein auf Sonnenschein" gereimt sein. Das soll sogar eher "Trostpflastersteine" und "Liebeskummerspeck" haben. Aber es soll,
verdammt noch mal, nicht mehr so ungeliebt sein und abgestempelt werden. Denn, ganz ehrlich, so schlecht ist der Schlager nicht. Heute haben wir einen Schlagerboom. Und wie wir Deutschen halt so sind:
"Alles hat ein Ende.." und damit dieser Höhenflug auch. Vielleicht sogar bald. Und dann für lange Zeit. Wenn erst mal das Revival der 70er verebbt ist, die Party-Macher sich wieder der englischen Titel der
Achtziger besinnen, wenn Guildo sich die Hörner vollends abgestoßen hat - und wenn ein Buch nach dem anderen über den deutschen Schlager geschrieben wird und den Markt überschwemmt - dann wird es höchste Zeit,
nachzudenken. Diese Zeit ist gekommen. Besser wir fangen gleich damit an: Was wir mit unserer Musik künftig alles anstellen wollen, um auf dem europäischen Markt bestehen und mitmischen zu können. Sollen wir denn nur
noch in den Sprachen der anderen singen (so wie es der Grand Prix 1999 wieder möglich macht)? Wollen wir die Stars aus Italien, Frankreich und England um Auftritte im deutschen Fernsehen bitten und nichts an
Gleichwertigem entgegenzusetzen haben (denn wo sind die deutschen Künstler mit der Ausstrahlung eines Eros Ramazotti, einer Patricia Kaas, einer Band wie Boyzone)? Müssen wir in Rückbesinnung auf die guten deutschen
Werte wieder der Volksmusik anheimfallen? Wir sollen, wollen, müssen nicht. Wir können aber. Und wir werden es versuchen. Mit Spielfreude und Selbstbewußtsein das im Auge haben, was mit dem deutschen Schlager in den
letzten Monaten möglich war. Etwas zu verändern, neu zu bewegen, Positives zu bewirken.. Wir werden es schaffen - und irgendwann wieder ein Buch herausgeben können, in dem die Jungen dann über "unsere Art der
Musik", den Schlager vom Jahr 2000 schreiben, daß wir, die Alten "wirklich nicht so schlecht waren". Berlin 1999 Uwe Hübner
Vorspiel „Rock'n Roll, du gabst mir die schönste Zeit meines Lebens." So sinngemäß
übersetzt, singt ein Interpret auf englisch von einer Musikrichtung, die zum Kult und für viele sogar zum Lebensinhalt wurde, obwohl sie damit nicht ihr tägliches Brot verdienen. Wie der Rock'n Roll, ist der Schlager
ebenfalls ein Medium, das von vielen von uns mit Haut und Haaren vereinnahmt wird. Und das auch noch auf vielfältige, und sogar krass unterschiedliche Art. Die Grenzen gehen querbeet durch die Altersgruppen, so dass
Sechzehnjährige ein Lied von Roy Black singen und sich dabei entweder inbrünstig voll mit dem Text oder der Melodie identifizieren, während andere, Gleichaltrige, das selbe Stück hellbegeistert heruntersingen, weil es
für sie die absolute kultige Lachnummer ist. Und diese Gruppierungen ziehen sich durch alle Altersgruppen und alle Bildungsstände. Aber für uns alle ist der deutsche Schlager der Kult schlechthin. Es werden Jahr für
Jahr unzählige Schlager, sonstige Musikstücke, Gedichte, Romane, Sketche und Erzählungen geschrieben, die nie auch nur im kleinsten Rahmen an die Öffentlichkeit kommen. Weil sie nämlich gar nicht erst über den Tisch
eines Verlages oder einer Agentur gekommen sind. Alleine in Deutschland wandern täglich viele hundert - echt - wirklich hunderte und aberhunderte Manuskripte an Romanen, Erzählungen, Gedichten und Schlagern in den
Verlagen von der Posteingangskiste ungelesen direkt in den Papierkorb. Täglich. Diese Flut zu bewältigen, und nach Rosinen zu durchforsten, ist für die Verlage nicht zu bewältigen. Und so träumen viele unbekannte
Schlagersänger, Texter, Komponisten, Autoren und Dichter von der fernen Karriere oder von dem ganz großen Geld. Ja, und dann gibt es andererseits sogar einige Schlager, die es geschafft haben, auf Platte gepresst zu
werden, und kaum einer kriegt sie zu hören. Sie wären bestimmt ganz, ganz groß rausgekommen, und jeder Schlagerfreund hätte seine helle Freude an ihnen, wären sie nur der Gnade der Menschen anheimgefallen, die in den
Medien, am Rundfunk und Fernsehen an den Schaltern drehen und die Musik auch unter die Leute bringen. Aber so ist es halt auf dieser Welt. Nicht immer zählt die subjektive Qualität, sondern das Glück, dass andere uns
auf die Sprünge helfen. Warum rede ich so ausführlich über diese Frage? Weil bestimmt hier mancher nach dem Namen seines speziellen Lieblings suchen wird, und er kann ihn nicht finden. Er findet ihn nicht, weil die
Zahl der Interpreten, die je einen oder mehrere deutsche Schlager gesungen haben gigantisch ist. Und die Zahl der produzierten deutschen Schlager selbst ist mega-super-gewaltig. Viele, viele Tausend (siehe „Lexikon des
deutschen Schlagers"). Und wenn dein Liebling oder dein Lieblingsschlager hier nicht auftauchen sollte, dann tut mir das wirklich sehr leid. Und ich würde auch gerne über jeden, der irgend wann einmal einen
Schlager auf eine Platte gesungen hat, auch noch ein unterhaltsames Geschichtchen schreiben, egal wie viele Platten von ihm verkauft wurden. Aber selbst Stücke, die in vielen tausend Exemplaren über den Ladentisch
gingen, kann man nicht alle in einem noch lesbaren Buch, das der Unterhaltung dienen soll, aufnehmen. Denn sonst müsste ich den Brockhaus mit seinen vielen Dickbauch-Bänden in den Schatten stellen. Aber: Wir
Schlagerfreunde sind eine große nette Familie. Und je größer eine nette Familie ist, um so eher findet man darin das eine oder andere Stiefkind. Deshalb lege ich dir ans Herz, der du deinen Lieblingssänger oder deinen
Lieblingsschlager, das Stiefkind, hier oder sonstwo nicht finden kannst, es selbst zu bemuttern, zu pflegen und es mit in die Öffentlichkeit zu nehmen. Es allen deinen Freunden vorzustellen, dich darüber zu freuen, dass
es sowas gibt. Und singt und tanzt gemeinsam mit ihm. Lucas König im Frühjahr 1999
Der Deutsche Schlager
Auferstanden aus toten Hosen mit Schlag Sie sind plötzlich wieder voll in: Die Schlager von Papa und Mama, die den
beiden das erste Rendezvous mit Musik aus dem Transistorradio untermalten. Und die Schnulzen von Oma und Opa, nach denen diese in der Tanzstunde die ersten Runden drehten. Aber erst nach dem obligatorischen "Darf
ich bitten" und dem „Diener", der artigen Verbeugung. Ein viertel, ein halbes oder fast ein ganzes Leben lang (je nachdem, in welchem Alter man sich verliebt hatte) begleitet ein ganz bestimmter Schlager
die ehemals Verliebten und begleitet heute immer noch alle die Stange haltenden Oldtimer von fünfundzwanzig bis hundert. Es ist immer genau das Stück, das damals gerade im Radio lief. „Damals, weißt du noch, als wir uns
das erste Mal..." Und immer wenn Hochzeitstag ist, muss die alte Fünfundvierzigerscheibe aufgelegt werden. Und immer wenn fern der alten Heimat, fern der damaligen Zeit, im Auto oder wo auch immer das
Stück gespielt wird, taucht die Sehnsucht, die Wehmut oder mindestens die erinnerungsselige Stimmung von damals wieder auf. „Unser" Lied Wohl jede Beziehungskiste hat
„ihr" Lied, bei dem sich jeder der beiden sofort an die Stimmung beim ersten Rendezvous 1932, beim ersten Kuss 1952, beim ersten Petting 1972 und beim ersten Poppen 1992 erinnert. Auch wenn Opa schon vor über
fünfzig Jahren in Russland gefallen ist, in Omas Ohren klingt immer wieder: „Schatz ich bitt' dich, komm heut' nacht" (1922 Franz Léhar und diverse Interpreten). Obwohl Mama schon zwanzig Jahre von Papa Willi
geschieden ist, sie ist sich sicher: „Wenn ich will, stiehlt der Bill für mich Pferde" (1950 Michael Jary, gesungen von Vera Molnar). Selbst wenn der Freak schon längst nicht mehr weiß, wie die Schnecke von damals
geheißen hat. Die Nummer eins, das Lied der ersten Verliebtheit, „das schöne Mädchen von Seite eins" (1970 Howard Carpendale) hat sich als Wurm damals ins Ohr gegraben und steckt dort lebenslänglich abrufbar darauf
wartend, dass die Scheibe sich irgendwann und irgendwo mal wieder dreht und die Stimmung, die Worte, ja selbst die Gerüche von damals präzise im Gehirn rekonstruiert. Schön. Nur im UKW-Nachtexpress von drei bis vier
Uhr morgens, oder in den Wunschkonzerten, oder wie auch immer die Sendungen heißen oder hießen, waren sie über die Jahre noch zu hören: „Vom Telefon zum Mikrofon", oder „Hörer wünschen ihre Lieblingsmelodie"
träufelte unvergessen die gute alte Mumie „Monja" aus dem Lautsprecherkasten, oder die abgehauene „Diana" von Paul Anka. Up to date Doch plötzlich sind sie alle
wieder auferstanden. Ein großes Osterfest der totgeglaubten Schlager. Und sie leben fast alle wieder. Oder noch. Und immer lebendiger. Und wenn auch der arme Roy Black inzwischen nicht mehr unter uns zurückgebliebenen
Waisenkindern weilt und singt und seufzt - er lebt auf jeder Hochzeit im deutschsprachigen Bereich spätestens dann wieder auf, wenn irgendwo eine Musikkapelle oder ein Alleinunterhalter mit einem Finger an seinem
Mega-Techno-Keybord zum ersten Tanz für das Brautpaar nach dem Mittagessen ruft. Die ersten Takte erklingen und jeder weiß sofort, was kommt: „Die Gans in weiß." Und mittlerweile geht keine Party mehr ohne
Marmor, Stein und Eisen ab. Eher bricht die ganze Fete zusammen. Und alle Kids zwischen sechzehn und achtundneunzig trennt kein Generationenkonflikt mehr. Denn fast alle auf den deutschsprachigen Dancefloors kennen die
wichtigsten Texte auswendig. Das böse Wort im befürchteten Generationenkonflikt, das „Rentnerklatschen" heißt inzwischen, dem Grufti anerkennend auf die Schulter klopfen, weil er fehlerlos weiß, dass auf „weine
nicht, wenn der Regen fällt," es einen gibt, der zu ihnen hält. Und die Raper mit der umgedrehten Baseballmütze sind eher erstaunt, dass der eine oder andere schlohweiße Faltenmann nicht auf seiner guten alten
Zeit sitzen geblieben ist, sondern seinen Pferdeschwanz hinten aus der Öffnung der gleichen Mütze trägt und ihre Kultsongs auswendig weiß... ...weiter geht´s mit der Leseprobe auf Seite 84 Wo schläft sich's am schönsten? Standortbeschreibung: Ein Bett im Kornfeld. Und damit ist noch lange nicht alles gesagt. 1948, als es mit
der Währungsreform und der neuen Deutschen Mark endlich wieder schlagartig aufwärts ging, kam Jürgen Drews als Sohn eines Berliner Arztes auf die Welt. Viele vermuten, dass Jürgen Drews ein Pseudonym, ein Künstlername
sei, aber dem ist nicht so. Das Dasein als Globetrotter war ihm in's Kinderbett gelegt, denn die Eltern zogen schon zwei Jahre später mit ihrem Bübchen nach Paris. Und schon ein paar Jahre später wurde erneut der
Möbelwagen gepackt, Paris verlassen, und da bekanntlich alle Wege nach Rom führen, wurde aus dem kleinen Jürgen ein echter Römer. 1956 aber landete er wieder in Deutschland. In Schleswig Holstein kam er aufs Gymnasium,
um zielstrebig das zu erreichen, was das selbstverständlichste für den Sohn eines Arztes ist. „Den Beruf des Arztes finde ich großartig," sagte er einmal. „Mein Vater ist mir auch ein leuchtendes Vorbild, aber da
war die Sache mit dem numerus clausus. Da hätte ich klotzen müssen wie ein Blöder, um einen Studienplatz zu bekommen. Die Jagd nach den Einsern liegt mir aber nicht. Außerdem hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon bei der
Musik Blut geleckt." Er wurde Mitglied der Schulbands „Schnirpel" und „The Monkeys", wo er erste Eindrücke und Erfahrung im Musik- und Showbereich sammeln konnte. Zusammen mit ein paar Freunden
gründete er dann die Folk-Gruppe „Die Anderen", mit denen er in der Oberstufenzeit dann durch die Umgebung tingelte. Mit dieser Gruppe wurden schon einige Singles produziert und sogar zwei LP's kamen auf den Markt.
Im ZDF gab es damals eine Sendung, und die hieß „Show-Chance". Diese Chance ließen sich „Die Anderen" nicht entgehen und sie gewannen 1968 bei dieser sehr beliebten Einrichtung. Zwei Jahre lang tingelten
sie mit leicht steigender Erfolgstendenz weiter, doch der richtig große Erfolg blieb aus, und man trennte sich. Nun, auf eigenen alleinigen Füßen zog es ihn wieder hinunter in den Süden, zurück nach Rom, das sich wohl
sehr stark in der kindlichen Erinnerung eingeprägt hatte. Mit seiner Gitarre und eigenen Songs und Folklore zog er durch die Straßen, Bars, Restaurants und Kneipen und über die wunderschönen Plätze der ewigen Stadt und
verdiente sich damit sein Geld. „Ich habe damals nicht übel verdient, von den Gagen konnte ich damals ganz gut leben." Und dann das, wovon jeder träumt, und woran keiner glaubt, weil es sowas nicht gibt: Er
spielt in einer Kneipe, ein Mann stellt sich ihm vor: „Ich bin Signore Ferrara und ich möchte Sie für den Film 'Treibhaus' unter dem Regisseur Baldi engagieren." Und so drehte er in den kommenden vier Jahren
dreizehn Filme in der ewigen Stadt, in Italien und in Frankreich. Unter anderem die deutsch-italienische Koproduktion „Das Syndikat", seinen wohl bekanntesten Film. In diesem Streifen ist Jürgen Drews ein
Verbrecher, der, um sein eigenes Leben zu retten, seinen Ganovenkumpanen um die Ecke bringt. 1971 zieht es Jürgen wieder nach Deutschland. Kaum angekommen, läuft ihm erneut ein Mensch über den Weg, der ihm eine
weitere Karriere verspricht: Les Humphries, der eine international zusammengewürfelte Gesangsgruppe gründen will. Und Jürgen Drews ist für ihn der geeignete Partner, den deutschen Anteil in diesem Völkerbund zu
übernehmen. Ein Traumjob, der ihn rund um die Welt bringt und bei dem er tatsächlich den endgültigen Sprung in die Karriere schafft. Er wird gehandelt als ein Typ, der den Dampf von Tom Jones besitzt und die
Ausstrahlung von Donovan. Schon nach einem Jahr wird ihm ein Plattenvertrag angeboten, und seine erste Single („Dieser Tag hat so viel verändert") kommt auf den Markt. Er ist der Liebling der Nation, er will
endlich deutsch gesungene Softmusik produzieren, die „nicht süßlich, kitschig und unecht klingen muss." Jürgen Drews wird ein echter Kämpfer für einen guten qualitätvollen deutschen Schlager. „Ich weiß,"
sagte er damals, „ich begebe mich auf einen harten, langen und sehr schmalen Weg, aber ich wähle ihn trotzdem. Wenn man in deutscher Sprache singt, hat man nur ein begrenztes Publikum. Darauf versuche ich mich
einzustellen. Na klar, mit englischen Nummern kann man sein Geld leichter verdienen." Aber er ist kein Karrieretyp auf dem Karrieretrip. Er will einfach schöne Sachen singen und gute Musik machen. Gleichzeitig
pro Jahr hundert Konzerte mit den Les Humphries Singers rund um die Welt. Ein irrer Zustand, der ihn aber nach einem weiteren Jahr schafft. „Mir war über Nacht klargeworden, dass mein Hobby Musik zum Beruf geworden war.
Es war alles so nüchtern, kalt und maschinell. Die intime Clubatmosphäre fehlte mir plötzlich. Mal wieder 'ne Gitarre in der Hand haben und nur für ein paar noch erkennbare Leute singen. Nur so zum Spaß. Und da wusste
ich, dass ich das ändern muss." Sofort gingen Gerüchte durch die Medien: Von einem Zerwürfnis mit Les. Doch daran war nichts. Im Sommer 1975 verabschiedet er sich von der bunten Truppe mit dem unvergleichlichen
Sound und versichert, dass wenn Les irgendwann einmal wieder eine „richtig dufte Truppe" zusammenbauen will, er wieder auf der Matte stehen werde. „Les und ich sind gute Freunde. Ihm geht es beruflich und auch
privat nicht sehr gut," versicherte er in einem Interview mit BRAVO. In der Tat waren Les Humphries und sein Frau Dunja Raiter vor dem Scheidungsrichter gelandet. „Wenn er mich braucht, werde ich immer für ihn da
sein. Fünf Jahre habe ich bei ihm gesungen und eine schöne Zeit verlebt. So etwas kann man nicht so schnell vergessen."
...weiter geht´s mit der Leseprobe auf Seite 96 Erloschenes Augenfeuer Am 2. Juli 1939, wenige Wochen vor dem Ausbruch des
Zweiten Weltkriegs wurde Ludwig Alexander Hirtreiter in München geboren. Nach Volks- und Handelsschule wurde ihm als Vierzehnjährigem klar, „ich muss Schauspieler werden." Aus dem Traum wurde der reale Rex
Gildo. Er nahm, nachdem er seine Eltern mühsam zu seinem Vorhaben überredet hatte, Schauspielunterricht, studierte Gesang und lernte klassischen und modernen Tanz. Kleine Rollen an Theatern wurden ihm dann in der Folge
angeboten und auch der Film interessierte sich für ihn. Doch mit zwanzig Jahren kam er durch Zufall zu einer Einladung zum Vorsingen und erhielt auch prompt einen Plattenvertrag. Die erste Produktion „Cafeteria Santa
Lucia" wurde dann auch schon recht gut verkauft. Doch dann ging es „Dondola" (1969) holterdipolter und „Chim chim cheri" (1965) in höhere und weitere Regionen für „sieben Wochen nach Bombay" (1960)
in der Raketenfahrt zum Top-Star. „Wenn es sein muss, kann ich treu sein" (1965). Das glaubte wohl fast jeder, als er sich für Duett-Stücke zu einem Duo-Gespann als Gitte (Haenning) & Rex (Gildo) vorstellte.
Das brachten beiden dann einen neuen Schub in der Popularität. Doch das war nichts im Vergleich zu dem Gesamterfolg des unermüdlichen Schaffers, der Rex Gildo nun einmal ist. Er arbeitet unermüdlich, wie ein „Speedy
Gonzales" (1962) an seiner Karriere und im zweiten Aufwind der neuen Popularität der Oldies schwamm er erneut ganz, ganz oben, bis im Oktober 1999 der tragische und tödliche Absturz aus dem Fenster und dem Leben
die Öffentlichkeit zu spät darauf aufmerksam machte, dass sich hinter Traum-Fassaden grenzenlos einsame Menschen befinden können.. Viel beschäftigt oder nur müde? Das ungewöhnliche Glitzern in seinen Augen war immer
da. Und manche heißverliebte Frau in seiner Fangemeinde wurde böse, wenn eine Konkurrentin behauptete, das seien nur Augen-Feuer-Tropfen aus der Apotheke. Doch die Müdigkeit ist bei einem dermaßen strukturiertem
Arbeitstier schon ein Thema. Auf die Frage nach seiner Lieblingsbeschäftigung in der Freizeit betonte der beruflich nimmermüde Rex logischerweise: „Schlafen, schlafen und nochmals schlafen. Ich schlafe sehr viel und
gerne." Auf die unbedarfte Frage eines Reporters wie seine Traumfrau aussehen sollte, beantwortete er auch diese Frage geduldig: „Blond und lieb, nicht zu dick und nicht zu dünn und große blaue Augen. Aber
meistens," resignierte er scheinbar, „kommt es ja doch anders als man sich vorstellt." Aber auf eine einsame Insel würde er die Raquel Welch mitnehmen. „Außerdem," brachte er seine diesbezüglichen
Bedürfnisse auf den Punkt: „Ich mag blaue Schlafanzüge, und meine Strümpfe stopfen zwei liebe alte Damen aus der Nachbarschaft." Wohlgemerkt: Stand 1967. Sein größter Urlaubswunsch: „Am schönsten finde ich es, wenn
das Wetter gut ist und viel Wasser in der Nähe mit viel Schwimmen und viel in der Sonne liegen, damit ich braun werden kann." Und das war bis zu seinem tragischen Ende wohl sein größtes Bedürfnis, sodass man auch
im Winter auf den ersten Blick dem Irrtum verfallen könnte, Roberto Blanco zu begegnen. Für Rex, der gerne und gut tanzte war ein klassisches Ballett immer ein Traumerlebnis. Offensichtlich war die Zusammenstellung
des Duos „Gitte und Rex" ein Schachzug der Plattenfirma, in den die Medien gerne und die Fans (eher wohl ungern) eine Liebesbeziehung gesehen hätten. Als diese Zeit zu Ende gegangen war, antwortete Rex ganz
treuherzig auf die Frage, ob er über die Trennung von Gitte noch trauern würde: „Nein, in Trauer bin ich wirklich nicht mehr. Ich freue mich, wenn ich Gitte sehe. Wir sind gute Freunde geblieben und darüber bin ich sehr
glücklich." 1981 hatte Rex mit einer Zuschauerbeteiligung von 43 Prozent aller Fernsehzuschauer in der Jahreshitliste aller Unterhaltungssendungen mit seiner Show „Gestatten, Rex Gildo" auf dem zweiten
Platz hinter Peter Alexander. Das ist eine Traumzahl, die heute bei der großen Zahl der Privatsender nicht so leicht zu erreichen ist. Ende der neunziger Jahre waren 23 Millionen Schallplatten verkauft. Sein
Bekanntheitsgrad lag bei sage und schreibe 93 Prozent. Posthum Gerd Höllerich, geboren am 25. Januar 1943 in Straßberg bei Augsburg wurde bei BRAVO zum Schlagerkönig
des Jahres 1970. Da nannte er sich allerdings schon seit ein paar Jahren Roy Black. „Dein schönstes Geschenk" war sage und schreibe 25 Wochen lang, also ganz knapp die Hälfte eines Jahres an der Spitze der Liste.
Schon 1967 war ihm das gleiche Kunststück gelungen. Damals gewann er das Rennen um die Jahresbox mit dem Titel „Frag nur dein Herz".... |